Einzigartiges Fussballtraining in Zürich

Der Soccerbot in Dübendorf ist das weltweit erste öffentliche, interaktive Fussball- Trainingsangebot. Bislang trainierten nur Profis in Deutschland und Österreich damit.

 

So ein Sportangebot lädt geradezu zum Schwitzen ein. Die Fabrik 11, eine ehemalige Industriehalle in Dübendorf, beherbergt auf einer grossen Fläche Badmintonfelder, Tischtennistische, ein offenes Gym und ein Hallenfussballfeld. Das eigentliche Kernstück des Sportangebots verbirgt sich aber hinter weissen Stellwänden und schwarzen Vorhängen. Nur das dumpfe Geräusch eines abprallenden Fussballs dringt nach draussen.

Sechs Beamer und Hochgeschwindigkeitskameras

Der Fabrik-11-Star heisst Soccerbot. Er besteht aus einem kreisrunden Raum mit zehn Metern Durchmesser. Der Boden ist mit Kunstrasen ausgelegt. Darum herum stehen stabile weisse Leinwände. Das Herz der Anlage hängt in der Mitte des Raumes: eine Installation mit sechs Beamern sowie Hochgeschwindigkeitskameras mit Infrarotabdeckung. Die Beamer projizieren ein 360-Grad-Bild mit Zielen auf die Leinwände. Diese muss der Spieler von der Raummitte aus mit dem Ball treffen.

Teurer als das ganze Fitnesscenter

Der Soccerbot 360 ist in der Schweiz ein Novum – und weltweit die erste öffentlich zugängliche Anlage. Bereits seit vier Jahren sind Soccerbots in Salzburg und Leipzig im Einsatz, die dortigen Redbull-Fussballclubs lassen ihre Spieler wöchentlich darin trainieren – abgeschirmt von der Öffentlichkeit.

Ein Artikel in einem Magazin brachte Sven Riederer auf den

 

Soccerbot. Der frühere Triathlonprofi ist heute Geschäftsführer der Fabrik 11. Seit seinem Rücktritt spielt er auch Fussball und ist überzeugt, dass der Soccerbot auch andere Freizeitspieler wie ihn anspricht – gerade für Teamtrainings in Kombination mit dem Indoorfussballfeld. Dafür nahm er ziemlich viel Geld in die Hand. Riederer sagt nur: «Das ist unsere grösste Investition, der Soccerbot kostete mehr als etwa die ganze Einrichtung des Fitnesscenters.»

«Ich bin viel ruhiger», sagt das Nachwuchstalent

Entsprechend gross sind die Erwartungen, die er an das futuristische Trainingsangebot hat. Dass Riederers Gefühl nicht trügt, zeigt das grosse Interesse des FC Zürich am Soccerbot. «Wir glauben, dass wir damit unsere Spieler im kognitiven Bereich weiterbringen können», sagt Ex-Profi Dorjee Tsawa, Leiter Athletik in der FCZ Academy. Er führt derzeit im Fussballsimulator mit einer Reihe besonders talentierter Nachwuchsspieler Tests durch, mittelfristig sollen diese in die Beurteilung der Spieler einfliessen. Dabei konzentriert er sich vorerst auf die Mittelfeldspieler. «Bei diesen ist die räumliche Wahrnehmung besonders wichtig, weil sie das Spiel in beide Richtungen im Blick haben müssen», so Tsawa.

 

Beobachtet genau: Dorjee Tsawa, der Leiter Athletik in der FCZ Academy, beobachtet von der Plattform über dem Soccerbot, wie einer seiner Spieler die Tests absolviert.

Es existieren bereits andere Trainingsformen, mit denen diese Faktoren auf dem Fussballplatz trainiert werden können. Allerdings sind diese sehr aufwendig und nicht so spielnah wie jene im Soccerbot. Dazu kommt laut Tsawa ein weiterer Punkt: «Den Spielern macht dieses Training auch richtig Spass.» Das bestätigt eines der FCZ-Talente, die an diesem Morgen mittrainieren. «Ich habe mich verbessert in den zwei Monaten, seit ich regelmässig hier trainiere», sagt U-18-Spieler Peter Seebök. «Ich bin viel ruhiger auf dem Platz, sehe oft im letzten Moment noch eine andere, passendere Variante.»

Genau darum geht es bei vielen Übungen im Soccerbot: Der Spieler muss sich unablässig im Raum orientieren, stets das nächste Ziel im Auge haben, das er mit dem Ball anspielen soll. Dabei werten die Kameras jede Bewegung aus, auf 1/1000-

Sekunden genau: Wie lange der Spieler braucht, um ein Ziel anzuspielen, wie genau er dieses trifft und so weiter.

 

Der Profifussball ist sehr interessiert an solchen Werten, existieren doch bislang kaum fussballspezifische Daten, mit denen Spieler objektiv verglichen werden können. Entsprechend verwundert es nicht, dass kürzlich auch der Schweizer Fussballverband in Dübendorf vorbeischaute und sich den Soccerbot erklären liess.

Für Kindergeburtstage bis Hobbymannschaften

Der FCZ scheint vom neuen Trainingsangebot überzeugt. Ab kommender Saison hat der Verein zehn Einheiten pro Woche gebucht, auch das NLA-Frauenteam wird dieses in Anspruch nehmen. Dem Club kommt dabei auch gelegen, dass seine neue Trainingsbasis auf dem Heerenschürli gerade mal 500 Meter entfernt liegt.

Das Engagement des Zürcher Vereins ist für die Fabrik 11 gute Werbung und sorgt für eine Grundauslastung tagsüber. Riederer hofft, dass die Hobbykicker folgen, sobald diese wieder zugelassen sind. Denn an die dachte er ebenso, als er sich mit seinem Geschäftspartner für die Investition entschied. «Geld verdienst du mit dem Breitensport», sagt er. Tagsüber Kindergeburtstag, abends Teamevent der Hobbymannschaft – für Riederer ist alles denkbar.

Eine Stunde Soccerbot kostet 119 Franken. Dabei kommen vier bis sechs Personen auf genügend Spielzeit, weil die Zahl der Ballkontakte um ein Vielfaches grösser ist als auf dem Fussballplatz. «Gaming und Bewegung ist einer der grossen Fitnesstrends. Dies kombiniert mit einer 360-Grad-Leinwand ist

einzigartig», sagt Riederer. Insgesamt stehen 20 verschiedene Spiele zur Auswahl, weitere sollen folgen.


Quelle: Publiziert: 09.04.2021, Tages Anzeiger

Download
Tages Anzeiger SoccerBot360.pdf
Adobe Acrobat Dokument 271.7 KB